Seelische Erkrankungen nehmen stetig zu. Depressionen, Schizophrenie oder Angststörungen sind nur einige der Erkrankungsbilder, von denen laut einer aktuellen Statistik der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) jedes Jahr etwa 27,8 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland betroffen sind. Sind die Symptome besonders schlimm, kann möglicherweise ein Grad der Behinderung beantragt werden. Was Sie den Betroffenen raten können und was Sie zu seelischen Behinderungen wissen sollten, erfahren Sie hier.
Vielleicht kennen Sie Gespräche, in denen Mitarbeiter zu Ihnen kommen und über mangelnde Motivation und depressive Verstimmungen berichten. Hier ist es wichtig, genau zuzuhören, denn möglicherweise handelt es sich um eine seelische Erkrankung, die entweder durch die Schwerbehinderung entstanden ist oder eine Schwerbehinderung auslösen kann.
Handelt es sich um eine seelische Erkrankung, kann das für die betroffenen Mitarbeiter deutliche Auswirkungen auf ihren Arbeitsalltag haben. Zum Beispiel dann, wenn sie nicht mehr zu Arbeit gehen und sich häufig krankschreiben lassen müssen.
Diagnose durch den Facharzt stellen lassen
Deshalb ist zunächst eine Diagnose durch einen Facharzt wichtig. Denn eines sollten Sie den betroffenen Mitarbeitern immer mit auf den Weg geben: Leiden muss nicht sein. Viele seelische Erkrankungen lassen sich mit Medikamenten oder Psychotherapien sehr gut behandeln und führen so nicht zu einer seelischen Behinderung.
Was sind seelische Behinderungen?
Von seelischen oder psychischen Behinderungen bzw. Erkrankungen spricht man, wenn sich bei dem oder der Betroffenen krankhafte Veränderungen im
- Fühlen,
- Wahrnehmen,
- Orientieren oder
- Handeln
zeigen.
Häufig bemerken andere Personen die Veränderungen zunächst gar nicht, denn sie treten in vielfältiger Form auf. Die Erkrankungen sind aber klassifiziert und unterscheiden sich in ihren Störungsbildern. Eingeteilt werden sie durch die Internationale statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-11).
Übersicht: Seelische Behinderungen
1. affektive Störungen
Hier wechseln sich manische und depressive Phasen ab, die als bipolare Störung bezeichnet werden. Es kommt bei diesem Krankenbild zu Stimmungsschwankungen durch manische Phasen. Manische Phasen bedeutet ein ständiger Wechsel zwischen
- Hochstimmung erhöhte Aktivität, extreme Reizbarkeit und Unruhe und
- Niedergeschlagenheit Antriebslosigkeit bei gleichzeitig verringertem Selbstwertgefühl. Das kann sich z. B. so äußern, dass Betroffene alles in Frage stellen und keinen Sinn mehr in ihrem Tun und Handeln sehen.
2. Belastungs- und Anpassungsstörung
Bei diesen seelischen Erkrankungen können sich folgende Auffälligkeiten zeigen:
- Angststörungen,
- soziale Phobien (Kontakte mit anderen Mitarbeitern werden, soweit möglich, vermieden usw.),
- Zwangsstörung (hier kommt es zu zwanghaften Handlungen z. B. ständiges Händewaschen etc.),
- Belastungsstörungen durch persönliche erlebte Bedrohung durch Unfall, Tod, Verbrechen etc.
- körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Herz-Kreislauf-Probleme ohne organische Probleme etc.
3. Persönlichkeits- und Verhaltensstörung
Hier zeigt sich ein übersteigertes und starres Verhalten, z. B. durch
- übersteigertes Misstrauen
- soziales Abkapseln
- Aggression gegen sich selbst oder andere
- Abhängigkeiten etc.
4. wahnhafte Störung und Schizophrenie
Bei diesen Erkrankungen ist die Wahrnehmung stark eingeschränkt und verändert. Das bedeutet, dass das
- Denken und
- Fühlen
beeinträchtigt ist und mehr oder weniger in Phasen verläuft. Das kann sich so äußern, dass sich die Betroffenen
- verfolgt oder bedroht fühlen,
- sich vor der Umwelt verschließen und nicht in der Arbeit erscheinen,
- Konzentrationsstörungen haben,
- Stimmen hören oder
- Halluzinationen haben.
Feststellung des GdB bei seelischen Erkrankungen
Diese seelischen Erkrankungen können so schlimm werden, dass diese als Schwerbehinderung anerkannt werden können. Geben Sie den Betroffenen Unterstützung bei der Antragstellung auf Feststellung des Grades der Behinderung.
Wichtig
Damit eine Beurteilung erfolgen kann, wird normalerweise ein psychiatrisches Gutachten erstellt und in die Antragsprüfung mit einbezogen.
Wenn ein betroffener Kollege einen Antrag auf Zuerkennung des GdB stellen möchte, kommt es auf den Befund an. Handelt es sich um eine Depression, kann ein hoher Einzelgrad der Behinderung erreicht werden. Allerdings könnte der Wert nicht ausreichen, um den Schwerbehindertenstatus mit einem GdB 50 zu erreichen. Aber: Bei der Antragstellung werden verschiedene Erkrankungen auf den Gesamt-Grad der Behinderung angerechnet. Es ist deshalb immer der Einzelfall wichtig, nicht die Diagnose.
Es werden auch konkrete Beschwerdesymptome angerechnet, die den Grad der Behinderung ausmachen, z. B.
- Konzentrationsstörungen,
- Schlafstörungen,
- Antriebslosigkeit,
- Suizidgedanken usw.
Wichtig
Wird bei einem Mitarbeiter als seelische Erkrankung eine Depression gestellt, können Sie ihm bei seinem Antrag auf GdB unterstützen. Ganz besonders dann, wenn noch weitere Erkrankungen bzw. Symptome hinzukommen, kann es für den Betroffenen sinnvoll sein, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen, da er dann dem besonderen Kündigungsschutz unterliegt.
Übrigens: Die Integrationsfachdienste und Integrationsämter stehen Ihnen, Ihrem Arbeitgeber und den betroffenen Mitarbeitern für Beratung bei seelischen Erkrankungen bzw. Behinderungen zur Seite.
Wie der Grad der Behinderung definiert ist, zeigt zum Beispiel die GdB-Tabelle im Abschnitt 3.7 zum Thema „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychische Traumen“:
Erkrankung | Grad der Behinderung |
Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen | 0-20 |
Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) | 30-40 |
Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten | 50-70 |
mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten | 80-100 |
Falsche Bestimmung des GdB
Wenn der betroffene Mitarbeiter zu Ihnen kommt und der Meinung ist, dass der Grad der Behinderung falsch bestimmt wurde, können Sie ihm helfen und raten, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Dazu haben die Betroffenen innerhalb eines Monats nach Zustellung die Möglichkeit. Informieren Sie den Mitarbeiter darüber, dass zur Überprüfung der Feststellung auch die Einsichtnahme in seine Akten notwendig ist. Sonst lässt sich der Widerspruch nicht begründen.