Stellen Sie sich auch öfter die Frage, warum bei Neugestaltungen oder Umbauten in Ihrem Betrieb nicht (oder nur geringfügig) an die Gestaltungsprinzipien der Barrierefreiheit gedacht wird? Dann sind Sie kein Einzelfall. Es kommt immer noch vor, dass im Nachhinein Arbeitsplätze nochmal umgebaut oder angepasst werden müssen. Das kostet nicht nur viel Geld, sondern ist auch mit großem Aufwand verbunden. Dabei profitieren von behinderungsrechten Einrichtungen im Betrieb nicht nur die (schwerbehinderten) Mitarbeiter an den Arbeitsplätzen, sondern auch Besucher, Kunden oder externe Beschäftigte. Machen Sie sich also stark für eine behinderungsgerechte Gestaltung.
Barrierefreiheit ist nicht nur ein Wort für (schwer-)behinderte Menschen. Es bedeutet auch Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie für Schwangere, klein- oder großgewachsene, ältere oder geh-, seh- oder hörbehinderte Menschen zugänglich sind. Aber wie steht es damit in Ihrem Betrieb?
Zeit, dass Sie sich mit dem Thema beschäftigten und sich mit der
- Fachkraft für Arbeitssicherheit und Ihrem
- Betriebs- bzw. Personalrat
zusammensetzen und die behinderungsgerechten Räumlichkeiten überprüfen.
Sie als Schwerbehindertenvertretung haben dabei natürlich immer die Bedürfnisse Ihrer schwerbehinderten Kollegen im Blick.
Wichtiger Aspekt, den Sie berücksichtigen müssen: Welche Voraussetzungen müssen Bereiche innerhalb und außerhalb des Betriebs erfüllen, damit Sie für die Mitarbeiter behinderungsrecht gestaltet sind?
Zu überprüfen sind folgende Bereiche:
- Grundsätzlichkeit der barrierefreien Gestaltung
Dazu gehören bspw. Warnsignale am Gebäude, Maschinen etc., die für mindestens zwei der drei Sinne (hören, sehen, fühlen) vermittelt werden Zwei-Sinne-Prinzip. Oder alternative Möglichkeiten, um, Gebäude oder Arbeitsmittel zu bedienen, wie z. B. Rampen etc.
- Innere und äußere Wege, Treppen und Türen/Tore
Hier gilt zu prüfen, inwieweit z. B. die Wege innerhalb Ihres Betriebs breit genug sind, um mit dem Rollstuhl hindurchzugelangen. Oder ob Wege frei von Schwellen und Unebenheiten sind und Türen automatisiert geöffnet werden etc.
Auch ein Aspekt: Wie sicher sind Treppen/Treppenstufen gestaltet, verfügen sie über eine Rutschhemmung, sind Handläufe gut greifbar usw.
- Räumlichkeiten und Büros
Prüfen Sie hier gemeinsam mit den Akteuren des Arbeitsschutzes, inwieweit die Räume ausreichend Fläche bieten, um sich damit z. B. mit dem Rollstuhl gut zu bewegen oder inwieweit raumakustische Bedingungen für Mitarbeiter mit auditiven Behinderungen berücksichtig sind etc.
Checkliste zur Überprüfung der Räumlichkeiten
Nutzen Sie die anhängende Checkliste und prüfen Sie, am besten gleich gemeinsam mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit, inwieweit die Räumlichkeiten in Ihrem Betrieb barrierefrei gestaltet sind.
Checkliste zur barrierefreien Prüfung von Arbeitsräumen
Prüffrage | Ja | Nein |
Besitzen Ihre Betriebsräume ausreichende Flächen, z. B. freie unverstellte Bewegungsfläche von mindestens 150 x 150 cm vor Türen? | ||
Sind die Verkehrsflächen innerhalb der Räume ausreichend bemessen, z. B. durch eine lichte Mindestbreite von 90 cm? | ||
Befindet sich hinter den Arbeitstischen eine ausreichend große Bewegungsfläche, z. B. 120 cm bei voller Unterfahrbarkeit? | ||
Haben Sie geprüft, dass bei der Anordnung von Arbeitsmitteln die Erreichbarkeit für sämtliche Nutzenden sichergestellt ist? Das gilt vor allem für individuelle Greifweiten und -höhen? | ||
Kann eine ausreichende Beleuchtungsstärke für alle Beschäftigten individuell eingestellt werden, z. B. durch Dimmen? | ||
Ist dafür gesorgt, dass keine Blendungen entstehen, z. B durch eine geeignete Anordnung von Mobiliar und anderen Arbeitsmitteln? | ||
Wurden raumakustische Bedingungen z. B. an die Anforderungen von Mitarbeitern mit auditiver Einschränkung angepasst? Dazu zählen beispielsweise Nachhallzeit, Vermeidung von Echos usw. |
Quelle: www.vbg.de
- Sanitäreinrichtungen
Denken Sie auch an sanitäre Einrichtungen in Ihrem Betrieb. Ist hier beispielsweise an eine Notöffnung der Türen von außen gedacht oder ist eine Alarmierung von innen möglich?
Auch wichtig: Ist eine Notrufanlage für sehbehinderte Beschäftigte in der Funktion erkennbar usw.
- Bedienelemente wie Taster, Schalter usw.
Wie steht es um die Bedienelemente in Ihrem Betrieb? Wurde hier an die schwerbehinderten Mitarbeiter gedacht und sind die Taster, Schalter etc. für alle Personen gut erreichbar und erkennbar?
Denken Sie an das Zwei-Sinne-Prinzip, bei dem auch hier eine Funktion der Bedienelemente für mindestens zwei der drei Sinne erfassbar ist.
- Arbeitsmittel wie Maschinen, Geräte, Werkzeuge usw.
Bei Arbeitsmitteln ist entscheidend, dass erkennbar ist, wie das Arbeitsmittel bedient werden muss. Möglich machen das z. B. kontrastreiche oder tastbare Bedienelemente. Prüfen Sie gemeinsam, ob das Arbeitsmittel für alle potenziellen Anwender nutzbar ist, in dem es beispielsweise umgerüstet werden kann etc.
Checkliste zur barrierefreien Prüfung von Arbeitsmitteln wie Maschinen, Werkzeuge etc.
Prüffrage | Ja | Nein |
Haben Sie geprüft, ob das Arbeitsmittel und der zugehörige Arbeitsbereich für die (schwerbehinderten) Beschäftigten wahrnehmbar ist, z. B. Beispiel durch kontrastreiche Markierungen? | ||
Ist für alle (schwerbehinderten) Beschäftigten klar zu erkennen, wie das Arbeitsmittel bedient wird, z. B. durch kontrastreiche oder tastbare Gestaltung der Bedienelemente? | ||
Sind die technischen Abläufe der Arbeitsmittel den Erwartungen der (schwerbehinderten) Beschäftigten angepasst? | ||
Erreichen alle (schwerbehinderten) Beschäftigten die maßgeblichen Elemente des Arbeitsmittels wie Bedienelemente, Werkstückeingaben usw., indem z. B. Bedientableaus in ihrer Ausführung beweglich sind? | ||
Können die Arbeitsmittel durch alle (schwerbehinderten) Beschäftigten verwendet werden, z. B. durch einfache, maßgeschneiderte Umrüstbarkeit auf individuell erforderliche Bedienelemente. wie Sondergriffe, Schnittstellen an Produkten der Informations- und Kommunikationstechnologie etc.? | ||
Lässt sich das Arbeitsmittel durch alle (schwerbehinderten) Beschäftigten kontrollieren, z. B. in dem sie das Arbeitsmittel selbstständig in Gang setzen, betreiben und außer Betrieb setzen? | ||
Lässt sich das Arbeitsmittel gegenüber vorhersehbaren Fehlern so steuern, dass die Arbeitsaufgabe ohne Gefahr zu Ende geführt werden kann? |
Quelle: www.vbg.de
- Software, Webseiten
Im besten Fall sind Software und Webseiten in Ihrem Betrieb ohnehin bereits barrierefrei gestaltet. Prüfen Sie dennoch, ob tatsächlich alle Inhalte wahrnehmbar sind (Kontrast, Text, etc.) und ob auch hier das Zwei-Sinne-Prinzip gewährleistet ist, z. B. durch Untertitel bei gesprochenen Inhalten etc. Denken Sie auch an die Bedienbarkeit für alle Benutzer, indem z. B. Eingabemasken eine größere Eingabezeit haben usw.
- Informationen am und im Betrieb
Wie steht es um Leit- und Orientierungssysteme in Ihrem Betrieb? Sind diese für alle Mitarbeiter, Besucher etc. nachvollziehbar, z. B. durch visuell kontrastreiche und fühlbare Beschriftungen an Handläufen von Treppen oder fühlbare Piktogramme an Beschilderungen etc.?
- Flucht- und Rettungswege
Damit die Sicherheit für alle Mitarbeiter gewährleistet ist, müssen im Notfall alle Beschäftigten Bescheid wissen, wie ein Alarm ausgelöst werden kann und was zu tun ist, wenn er ausgelöst wurde.
Denken Sie deshalb unter anderem an kontrastierende Handmelder bei einer Alarmauslösung, tastbare Fluchtwegekennzeichnung oder an sichere Fluchtwege, die auch für mobilitätseingeschränkte Mitarbeiter wie Rollstuhlfahrer durchgängig sind.
Checkliste zur barrierefreien Prüfung von Flucht- und Rettungswegen
Prüffrage | Ja | Nein |
Können alle (schwerbehinderten) Beschäftigten das Element zur Alarmauslösung wahrnehmen, z. B. durch stark kontrastierende Handmelder? | ||
Lässt sich der Alarm durch alle (schwerbehinderten) Beschäftigten auslösen, z. B. durch Erreichbarkeit von Handmeldern auch aus sitzender Position? | ||
Ist für Notfälle die Alarmierung aller Personen im Betrieb gewährleistet? Besonders von Mitarbeitern mit sensorischen Einschränkungen wie beispielsweise Gehörlose? | ||
Sind Flucht- und Rettungswege für alle (schwerbehinderten) Beschäftigten nachvollziehbar, z. B. durch tastbare Fluchtwegekennzeichnung in Greifhöhe? | ||
Ist geprüft, dass eine sichere Flucht oder Rettung aller Beschäftigten gewährleistet ist, vor allem auch von mobilitätseingeschränkten Mitarbeitern wie Rollstuhlfahrer? | ||
Beträgt die Treppenbreite für den Fall einer Rettung mindestens 120 cm oder gibt es Feuerwehraufzüge? |
Quelle: www.vbg.de
Informationen und Anforderungen
Weitere Informationen und Anforderungen zu den neun Punkten finden Sie unter
• DGUV Informationen 215-111 und 215-112
• Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) V3a.2
• DIN 18040-1
Denken Sie daran, dass Sie bei einem „Nein“ in den Checklisten gemeinsam mögliche Maßnahmen festlegen, um Ihren Betrieb insgesamt für alle Personen barrierefrei zu gestalten.