Schwerbehinderte Beschäftigte, die Hilfe am Arbeitsplatz benötigen, um ihrer Tätigkeit nachgehen zu können, können einen besonderen Service in Anspruch nehmen: Die sogenannte Arbeitsassistenz.
Aufgabe dieser direkten personalen Unterstützung ist es, Sie oder Ihre betroffenen Kollegen so zu unterstützen, dass sie sich im Arbeitsleben voll entfalten können. Denn: Sie sollen die Möglichkeit haben, Qualifikationen umfassend einzusetzen und ihre Fähigkeiten auszubauen. Diese personelle Arbeitsassistenz ist für Sie und Ihre schwerbehinderten Mitarbeiter eine wichtige Möglichkeit, um direkt am Arbeitsplatz unterstützt zu werden. Schließlich hilft diese bei Arbeiten, die die betroffenen Kolleginnen und Kollegen wegen ihrer Behinderung nicht selbst machen können.
Geregelt ist die Arbeitsassistenz in § 185 Abs. 5 Sozialgesetzbuch IX. Mit der Arbeitsassistenz soll sichergestellt werden, dass den Beschäftigten mit Behinderung keine Nachteile gegenüber nicht behinderten Mitarbeitern entstehen.
Arbeitsassistenz übernimmt nur Hilfsarbeiten
Die Arbeitsassistenz übernimmt nur Hilfsarbeiten nach den Anweisungen der schwerbehinderten Menschen. Also, z. B. Gebärdensprache dolmetschen, handschriftliche Texte vorlesen, Terminierungen planen usw. Tätigkeiten, die die Betroffenen aufgrund Ihrer Behinderung nicht selbst ausführen können. Aber: Das Fachwissen für den Beruf müssen die schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst vorweisen. Und die Aufgaben, die ihren Beruf ausmachen, müssen sie selbst erledigen können.
Für die Beauftragung einer Arbeitsassistenz ist jeder Mitarbeiter mit Behinderung selbst zuständig. Hier gibt es zweierlei Möglichkeiten, wie diese Beauftragung durchgeführt werden kann:
- Ihre betroffenen Kolleginnen und Kollege beschäftigen ihre Arbeitsassistenz selbst. Sie werden also „Arbeitgeber“ mit allen Rechten und Pflichten.
- Eine andere Möglichkeit besteht darin, einen Dienst, der eine Arbeitsassistenz bereitstellt, zu beauftragen und zu bezahlen. Die Arbeitsassistenz ist dann bei dem Dienst angestellt.
Wer hat Anspruch?
Der Anspruch auf eine Arbeitsassistenz steht allen Beschäftigten zu, die folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Behinderungsgrad von 50 bzw. mehr oder eine Gleichstellung von 30;
- Innehaben einer befristeten Arbeitsstelle mit einer Dauer von mindestens 8 Wochen oder eine unbefristete Arbeitsstelle UND eine
- wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden.
Gleiches gilt übrigens auch für Beschäftigte in Inklusionsbetrieben, die eine Wochenarbeitszeit von mindestens 12 Stunden haben.
Weitere Voraussetzung: Alle internen Unterstützungsm.glichkeiten sind ausgeschöpft, reichen aber nicht aus.
Das ist die Rolle Ihres Arbeitgebers
Ihr Arbeitgeber hat (möglicherweise mit Unterstützung durch das Integrationsamt oder dem zuständigen Kostenträger) von sich aus die Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie gemäß den behinderungsbedingten Einschränkungen für die jeweilige Person mit Behinderung geeignet sind. Entsprechende Maßnahmen sind zum Beispiel:
- besondere Software (Vorlesefunktion, Vergrößerung, Braille-Tastatur etc.)
- geeignete Schranksysteme (Paternoster, EDV-Eingabegeräte etc.)
- Tablet, Laptop, Handy zur Kommunikation, Signalübertragungsanlage etc.
- Behinderungsgerechte Organisation der Arbeitsabläufe
- eventuelle personelle Unterstützung durch eigene Beschäftigte des Unternehmens
Wenn all diese Maßnahmen nicht ausreichen, damit Ihre Kollegen mit Behinderung die Regelarbeit erledigen können, kommt diese Arbeitsassistenz ins Spiel. Für den Einsatz in Ihrem Betrieb geht es aber nicht ohne die Zustimmung Ihres Arbeitgebers.
Aber was passiert mit der Arbeitsassistenz, wenn die Kollegen in Rente gehen?
Im aktuell entschiedenen Fall des Bundesverwaltungsgerichts, war ein Arbeitnehmer (Grad der Behinderung: 100) in Altersrente gegangen. Bis zum Eintritt des Ruhestands hatte er Leistungen für eine Arbeitsassistenz erhalten. Als nun der Renteneintritt erfolgt war, wollte der zuständige Träger (Landeswohlfahrtsverband) die Kosten für die Arbeitsassistenz nicht mehr übernehmen. Dagegen wehrte sich Mann. Er arbeitete nämlich in seiner selbstständigen Tätigkeit weiter. Mit Erfolg: Das Bundesverwaltungsgericht entschied zu seinen Gunsten (Urteil vom 12.01.2022, Az.5 C 6.20).
Der Kernsatz des Urteils lautete: „Für den Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz als begleitende Hilfe im Arbeitsleben ist eine Altersgrenze weder ausdrücklich im Gesetz geregelt, noch lässt sie sich diesem im Wege der Auslegung entnehmen“ – oder deutlicher ausgedrückt: Aus dem Gesetz lässt sich schlichtweg nicht schließen, ob eine Altersgrenze festgelegt ist oder nicht.
Hier finden Sie Unterstützung
Ihr Arbeitgeber sollte rechtzeitig an der Entscheidung beteiligt werden, da für die Übernahme der Kosten alle innerbetrieblichen Maßnahmen ausgeschöpft sein müssen. Beantragt wird die Arbeitsassistenz beim Integrationsamt.
Übrigens: Es gibt zahlreiche Assistenz-Dienste, die zum Beispiel Organisation und Umsetzung übernehmen. Wenden Sie sich auch an die EUTB-Beratungsstellen, die Ihnen einen Überblick über mögliche Assistenz-Anbieter bieten können. Die „Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung“ unterstützt Sie und berät Menschen mit Behinderungen, von Behinderung bedrohte Menschen sowie deren Angehörige unentgeltlich bundesweit zu Fragen der Rehabilitation und Teilhabe. Die Beratungsstellen selbst vermitteln zwar keine Assistenzkräfte, aber Sie können Ihnen Kontaktdaten geben.
Stand (29.03.2022)