Frage: Meiner Stellvertreterin wurde eine Abmahnung angedroht, da Sie Bewerber-Akten auf Ihrem Schreibtisch liegen ließ, als sie das Büro verließ. Ist diese Vorgehensweise durch unsere Dienstherren nicht etwas sehr überzogen?
Antwort: Nein, leider kann das schon korrekt sein, wenn Sie damit gegen Datenschutzvorschriften verstößt.
Wir kennen das ja: Manchmal hat man es schon mal eilig. Nur verständlich, bei dem Stress, den viele den ganzen Tag über ausgesetzt sind. Trotzdem sollte man beim Verlassen des Büros immer daran denken, den Zugriff Dritter auf sensible Daten zu vermeiden. Das kann dann andernfalls drastische Folgen haben.
Als Beispiel fällt mir hier folgender Fall ein:Einmal was vergessen – Schwamm drüber. Aber wer gegen seine Dienstpflichten dauerhaft verstößt, der ist auf Konfliktkurs mit der Dienststellenleitung oder dem Arbeitgeber. Da hilft auch keine Entschuldigung mehr. Eine Erfahrung, die eine Kreditsachbearbeiterin aus Sachsen machen musste.
In der Bank galt eine Richtlinie, an die sich alle halten mussten: Sensible Daten schützen! Die Kolleginnen und Kollegen in der Bank waren deshalb verpflichtet, ihren
- Rechner beim Verlassen des Arbeitsplatzes zu sperren und
- Dokumente nicht offen liegen zu lassen.
Mehrfach verstieß die Mitarbeiterin gegen diese Pflichten und wurde deshalb wiederholt abgemahnt. Bei einem Umzug wurde die Kollegin schon wieder erwischt: Diesmal waren ihre Schreibtischfächer, in denen sich Unterlagen mit sensiblen Kundendaten befanden, nicht abgeschlossen. Es folgte die Kündigung. Und die ist wirksam. Weil die Kollegin trotz mehrfacher Abmahnungen nicht vorsichtiger wurde und weiter gegen ihre Pflichten verstieß, war die Kündigung verhältnismäßig (LAG Sachsen, am 31.12.2022 bekannt gewordenes Urteil vom 07.04.2022, 9 Sa 250/21).
Achtung bei sensiblen Daten!
Ganz so weit ist es bei Ihnen zum Glück noch nicht, aber im Grunde gilt für Sie Gleiches: Auch für Sie als SBV und Ihre Stellvertreterin gilt eine erhöhte Schutzpflicht gegenüber sensiblen Daten.
Als Schwerbehindertenvertretung unterfallen Sie der Schutzpflicht für alle Sachverhalte, die Sie aufgrund Ihrer Arbeit erfahren. Als Vertrauensperson sind Sie nach § 179 Absatz 7 SGB IX verpflichtet, besonderes darauf zu achten, dass Sie Ihnen bekannt gewordene persönliche Angelegenheiten von Kolleginnen und Kollegen, die nach Ihrer Bedeutung einer vertraulichen Behandlung bedürfen (z.B. Krankheitsbilder oder persönliche Aussagen) nicht offenbaren. Gleiches gilt für wegen Ihres Amtes bekannt gewordene und vom Arbeitgebern bzw. Dienstherren ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnete Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse.
Dazu gehört es deshalb auch, Akten unter Verschluss zu halten und Computer auch mit einem Passwort zu sichern. Selbst dann, wenn man nur kurz den Raum verlässt. Denn Verstöße gegen diese Schutzpflicht sind sogar strafbar.
Tipp: Nutzen Sie die Situation zu Ihrem Vorteil! Gemäß § 179 Absatz 8 SGB IX muss der Arbeitgeber oder Dienstherr auch die notwendigen Ausgaben für den Schutz der sensiblen Informationen übernehmen. Fordern Sie von ihm abschließbare Schreibtische und Aktenschränke, sowie auch die technischen Möglichkeiten, Daten auf Ihrem Computer nachhaltig zu schützen!
(Stand 4/2024)