Bei schlechten und abwertenden Bewertungen im Internet sehen Arbeitgeber schnell rot. Dagegen tun konnten sie allerdings bisher wenig, da anonym abgegebene Bewertungen auch bisher anonym blieben. Das Oberlandesgericht Hamburg hat jedoch in einem vielbeachteten Beschluss bestätigt, dass auch Job-Bewertungsportale für die Richtigkeit von Bewertungen verantwortlich sind und die Echtheit nachweisen müssen. Damit steigt die Gefahr für Ihre Kolleginnen und Kollegen, die zum Beispiel auf dem Bewertungsportal Kununu schlecht über ihren Arbeitgeber reden, ertappt zu werden.
Bewertungsportal muss Echtheit beweisen
Eine Arbeitgeberin hatte Zweifel an der Echtheit einer schlechten Bewertung, die sie auf dem Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu über sich lesen musste. Deshalb forderte sie die Betreiber der Internetseite auf, diese zu löschen. Im Gegenzug forderte Kununu von der Arbeitgeberin den Nachweis, dass die fragliche Bewertung eine Rechtsverletzung darstelle. Als die Arbeitgeberin keinen solchen Nachweis erbringen konnte, lehnte die Plattform eine Löschung der Bewertung ab.
Trotzdem wandte sich Kununu aber an den Verfasser der Bewertung. Von ihm forderte das Bewertungsportal einen Nachweis, der die Echtheit seiner Bewertung belegen könnte. Der Nutzer reichte daraufhin anonymisierte Tätigkeitsbeschreibungen ein, die das Portal der Arbeitgeberin zur Verfügung stellte. Das genügte der Arbeitgeberin aber nicht und sie beantragte bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der Kununu verpflichtet werden sollte, die Bewertung zu löschen. Als das abgelehnt wurde, legte die Arbeitgeberin beim OLG Beschwerde gegen den Beschluss ein.
Beweisen oder Löschen
Dem Arbeitgeber wurde dort zuerkannt, dass er ein Recht hat, mehr Beweise für die Echtheit der Bewertung zu erhalten. Das begründeten das Gericht damit, dass es bei einer schlechten Kritik eines Unternehmens dem Arbeitgeber möglich sein muss, herauszufinden, ob die entsprechende Person überhaupt dort beschäftigt ist oder war.
Die Kritik von Mitarbeitern würden sich immer auf Einzelfälle beziehen, so die Richter weiter. Die in der Bewertung geschilderten Umstände sind durch das betroffene Unternehmen aber nur überprüfbar, wenn derjenige, der sich kritisch geäußert hat, dem Arbeitgeber bekannt ist (OLG Hamburg, Beschluss vom 09.02.2024, 7 W 11/24).
Bei schlechten Bewertungen, gegen die sich ein Unternehmen wehrt, hat die Bewertungsplattform nun mehr nur zwei Möglichkeiten. Die Bewertungsplattform muss entweder
a) die Bewertung löschen oder
b) dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, die Bewertung im Einzelfall zu überprüfen.
Damit muss das Bewertungsportal zwar nicht zwingend den Klarnamen desjenigen, der die Kritik verfasst hat, herausgeben. Aber auch jede ausreichend detaillierte Beschreibung der zu Grunde liegende Tätigkeit wird eine Erkennbarkeit der Person zumindest sehr erleichtern.
Was das für Ihre Kolleginnen und Kollegen bedeutet
Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die Bewertungsportale nun in großer Zahl Namen herausgeben, da diese Praxis ihr Geschäftsmodell untergraben würde. Denn negative Bewertungen wären dann ein zu hohes Risiko für die Nutzer.
Trotzdem bedeutet der Beschluss für Ihre Kolleginnen und Kollegen im Betrieb nichts Gutes: Ab sofort kann Ihr Arbeitgeber bei einer schlechten Bewertung sehr detaillierte Auskünfte über die Beziehung des Bewerters zum Unternehmen verlangen. Und das macht den Kreis der entsprechenden Personen sehr schnell sehr klein.
Eine unwahre Kritik kann die Kündigung bedeuten
Wenn nun die Kollegin oder der Kollegen eine abwertende Bewertung ins Internet gestellt hat, kann das sogar zu einer fristlosen Kündigung führen, wenn sich
• die abgegebene Bewertung als falsch und somit unwahr herausstellt und damit
• eine üble Nachrede oder Verleumdung darstellt.
Denn: Eine üble Nachrede ist genauso wie die Verleumdung des Arbeitgebers eine Straftat, die als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung genutzt werden kann.
Vorsicht bei anonymen Äußerungen!
Einträge mit Nutzernamen sind manchmal weniger anonym als gedacht. Wenn es dem Arbeitgeber schon durch den Inhalt möglich ist, auf den Verfasser zu schließen, wird es bereits brenzlig. Wenn insbesondere schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen wahre oder nur vermeintliche Probleme mit der Inklusion ankreiden, ist der entsprechende Personenkreis recht klein und der Verfasser schnell ausgemacht. Und selbst wenn es sich um Tatsachen handelt, nehmen viele Chefs die Art der öffentlichen Kritik sehr übel.
Tipp: Fordern Sie Ihre schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen auf, Probleme offen anzusprechen! Es ist ja gerade Ihre Aufgabe als Schwerbehindertenvertretung Missstände zu bekämpfen. Deshalb ist der erste Weg bei Beschwerden, der in Ihr Büro. So werden dann auch anonyme Einträge in Portalen, die im Grunde selten etwas ändern, unnötig.
(Stand 3/2024)