Flucht- und Rettungswege
Bloß raus hier! Sorgen Sie dafür, dass Flucht- und Rettungswege im Notfall nicht zur Falle werden
Unvorhersehbare Brände, Explosionen, Naturkatastrophen & Co. kosten in Deutschland jährlich Hunderte von Menschen das Leben. Wie schnell solche Ereignisse kommen, hat vor allem die noch nie dagewesene Flutkatastrophe im Westen Deutschlands gezeigt. Den Menschen blieb teilweise nur wenige Minuten Zeit, um aus Gebäuden zu flüchten oder sich in obere Stockwerde zu begeben. Evakuierungsmaßnahmen mussten schnell und reibungslos ablaufen. Das zeigt, wie wichtig gut vorbereitete Notfallmaßnahmen sind, um zukünftige gefährliche Situationen zu minimieren.
Das Wasser kam schnell. Zu schnell. Innerhalb nur weniger Stunden schwoll der kleine Fluss Ahr von ca. 80 cm auf mehr als 8 Meter an! Bereits um 20.45 Uhr wurde der Pegel bei 5,75 von den Fluten mitgerissen, so dass die Hydrologen mit Simulationen arbeiten mussten, um einen ungefähren Wasserstand zu berechnen. Aber erst gegen 23 Uhr nachts wurde eine Evakuierung angeordnet, was letztendlich viel zu spät war. Die heranbrausende Flutwelle riss in dem Tal mehr als 132 Menschen in den Tod.
Dieser Fall zeigt, dass es für jedes Unternehmen- auch kleinere Betriebe – im Notfall darum geht, durch ausreichende Notfallmaßnahmen eine schnelle Alarmierung und Evakuierung anzuordnen. Nur so können alle Beschäftigten ausreichend geschützt werden. Laut ArbSchG §10 ist Ihr Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, um im Ernstfall Brandbekämpfung, Erste Hilfe oder Evakuierung sicherzustellen.
Sie als Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützen Ihren Arbeitgeber bei der Bestandsaufnahmen des Ist-Zustands. So bekommen Sie einen Überblick über den alltäglichen Betriebsablauf und können mögliche Gefahrenpotenziale im Betrieb besser abschätzen. Dabei geht es vor allem darum, die täglichen Abläufe in Ihrem Betrieb zu erkennen und an entscheidenden Stellen Gefährdungen zu erkennen.
Zunächst sollten Sie sich dabei die Fragen stellen, welche Ereignisse in Ihrem Betrieb einen Notfall auslösen könnten, also z. B. einen Brand, Gasaustritt, Unfall, Naturereignis, Sabotage, technische Störungen, Sabotage, Amoklauf, Pandemie usw.
Sind im Notfall alle Flucht- und Rettungswege frei zugänglich?
Bei auslösenden Ereignissen, in denen sich nach ArbStättV § 4 Abs. 4 die Beschäftigten sofort in Sicherheit bringen müssen, um zügig gerettet werden zu können, sind die Flucht- und Rettungswege frei zugänglich zu halten. Wie genau die Flucht- und Rettungswege aussehen müssen, also Abmessung, Anordnung, Zahl etc. ist in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A2.3 Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplankonkretisiert.
Übrigens: Die enthaltenen Anforderungen in der ASR A2.3 wurden im Auftrag der ASTA geprüft. Dabei zeigte ein Fachgutachten der BAuA, dass vor allem die Breite des Fluchtweges eine entscheidende Rolle bei der Dauer der Evakuierung spielt. Achten Sie also darauf, dass Treppen nicht mit Kartons vollgestellt sind, in Fluren keine Kopierer oder vor den Türen Stühle stehen. Das alles kann im Notfall die Zeit der Räumung verlängern und Menschenleben in Gefahr bringen.
Wichtig
Üben Sie regelmäßig mit den Mitarbeitern den Ernstfall und gehen Sie Flucht- und Rettungswege gemeinsam ab.
Länge und Breite der Fluchtwege
Maße der Flucht- und Rettungswege sind nach ASR A2.3 festgelegt. Die Mindestbreite der Fluchtwege bezieht sich dabei auf die maximale Anzahl der Personen, die diesen Fluchtweg im Notfall benutzen. Das bedeutet:
Anzahl der Personen
(Einzugsgebiet) |
Lichte Breite
(in m) |
bis 5
bis 20 bis 200 bis 300 bis 400 |
0,875
1,00 1,20 1,80 2,40 |
Prüfen Sie also genau, wie viele Beschäftigte pro Fluchtweg ihre Büros haben, gleichzeitig anwesend sind und diese Wege benutzen müssen. Nichts darf die vorgeschriebene Breite der Fluchtwege behindern oder verstellen. Wichtig: Für Einzugsgebiete bis 5 Personen darf die lichte Breite jedoch an keiner Stelle weniger als 0,80 m betragen.
In der ASR A2.3 ist auch die Länge des Fluchtwegs vorgeschrieben: sie beträgt maximal 35 Meter Luftlinie. Dabei ist zu beachten, dass die tatsächliche Laufweglänge nur das maximal 1,5-fache der Länge des Fluchtwegs betragen darf.
Brauchen Sie einen zweiten Fluchtweg?
Der erste Fluchtweg führt durch vorhandene, feste bauliche Einrichtungen, die ohne fremde Hilfe begangen werden können und ins Freie führen. Bei mehrgeschossigen Gebäuden muss der Rettungsweg über eine notwendige Treppe führen.
Einen zweiten Fluchtweg benötigen Sie, wenn sich die Notwendigkeit aus Ihrer Gefährdungsbeurteilung unter besonderer Berücksichtigung des jeweiligen Aufenthaltsorts bzw. Arbeitsplatzes und der vorliegenden spezifischen Verhältnisse ergibt. Das kann laut ASR A2.3, Nr.4 Abs.5 zum Beispiel der Fall sein bei: „… einer erhöhten Brandgefahr oder der Zahl der Personen, die auf den Fluchtweg angewiesen sind. Ein zweiter Fluchtweg kann auch erforderlich sein bei Produktions- oder Lagerräumen mit einer Fläche von mehr als 200 m², bei Geschossen mit einer Grundfläche von mehr als 1.600 m² oder aufgrund anderer spezifischer Vorschriften.“
Fluchtwege für Menschen mit Behinderung
Bitte denken Sie bei Ihrer Gefährdungsbeurteilung an die Beschäftigten mit Behinderung: Wenn in Ihrem Betrieb Menschen mit Behinderung arbeiten, müssen diese nach A2.3 beim Einrichten und Betreiben der Fluchtwege berücksichtigt werden.
Achtung Tür!
Im Notfall müssen sich die Türen in den Fluchtwegen immer in Fluchtrichtung (leicht) nach außen öffnen können. Nur so lassen sich Anhäufungen flüchtender Personen vor den Notausgängen verhindern. Vorsicht: Karussell- und Schiebetüren, die ausschließlich manuell betätigt werden, sind laut Technischer Regeln in Fluchtwegen unzulässig. Beachten Sie bei Ihrer Prüfung auch die Besonderheiten von automatischen Türen und Tore, die in Fluchtwegen liegen. Diese dürfen nicht in Notausgängen liegen, die ausschließlich für den Notfall zum Einsatz kommen. Hierzu gibt Ihnen die ASR A2.3 Punkt 5 Auskunft.
Kennzeichnung Flucht- und Rettungswege
Selbstverständlich sind Fluchtwege eindeutig zu kennzeichnen. Eine akute Fluchtsituation entspricht nun mal nicht dem normalen Tagesablauf und im Falle einer Panik reagieren Menschen häufig anders. Diese menschliche Komponente macht Kennzeichnungen der Flucht- und Rettungswege so wichtig. Sie sind in der ASR A1. 3 geregelt und entsprechen damit der DIN EN ISO 7010. Fluchtwege müssen eindeutig und gut sichtbar gekennzeichnet sein mit selbstleuchtenden oder beleuchtenden Piktogrammen.
Denken Sie daran, dass auch Notausgänge und Notausstiege auf der Außenseite mit dem Verbotszeichen „Abstellen oder Lagern verboten“ gekennzeichnet sein müssen, damit diese nicht zugestellt werden
Näheres zum Thema Fluchtwege und Sicherheitsbeleuchtung finden Sie hier.
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